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Die Freilichtinszenierung 2013
Zur Feier des Vereinsgeburtstages und als Kernstück der “Paradiesspiele 2013″
Zum 120. Geburtstag des Dichters J.M. Lutz soll die vor 20 Jahren begründete Tradition wieder fortgesetzt werden: Freilichtaufführungen eines Lutz-Stückes an attraktiver Stelle – diesmal vor der Fassade des renovierten Rathauses und der umliegenden Bürgerhäuser, auf dem neu gestalteten unteren Hauptplatz in Pfaffenhofen a. d. Ilm.
Die Verantwortlichen des Theaterspielkreises Pfaffenhofen e.V. (TSK) planen die Aufführung von “Der Zwischenfall” zur Feier des runden Vereinsgeburtstags und gleichzeitig als Beitrag des Vereins zum Lutz-Jubiläumsjahr 2013, eingebunden in die „Paradiesspiele 2013“ der Stadt Pfaffenhofen.
Wieder arbeiten Vereinsmitglieder an einer angepassten Textfassung, die diesmal alle Möglichkeiten einer Freilicht-Aufführung voll ausschöpfen soll.
Weil das Spiel unter freiem Himmel, neben Bühnenbild, Kostümen, Licht und Ton auch von Musik und Massenszenen lebt, werden relativ viele Mitwirkende benötigt.
Unter dem Motto „mit Freunden feiern“ möchte der TSK möglichst viele Beteiligte von Vereinen und Gruppierungen aus Pfaffenhofen und der Umgebung in das „Spektakel“ mit einbeziehen.
Die Bedeutung dieses Ereignisses für Stadt und Region
Mit der Freilichtaufführung von „Der Zwischenfall“ möchte der TSK die Erinnerung an den in Pfaffenhofen geborenen und für ganz Bayern wirkenden Dichter Josef Maria Lutz pflegen sowie sein schriftstellerisches Wirken im Bewusstsein der bayerischen Bevölkerung verankern.
Geehrt werden soll auch der Mitverfasser der Bayernhymne und spätere Münchner Bürger Josef Maria Lutz, der 1961 erster Preisträger des Bayerischen Poetentalers der Münchner Turmschreiber war und damit in einer Reihe mit Künstlern wie Carl Orff, Wastl Fanderl, Marie-Luise Fleißer, Otfried Preußler oder der Biermösl-Blosn steht.
Das Theaterstück 1979
„„Zwischenfall“ auf der Bühne“ betitelte der Pfaffenhofener Anzeiger (PA) seine Ankündigung der Premiere am 06. Oktober 1979. Der Theaterspielkreis präsentierte zur Wiedereröffnung der alten Mädchenschule als städtisches „Haus der Begegnung“ eine Bühnenfassung des Romans „Der Zwischenfall“ von Joseph Maria Lutz.
Siegfried Ostermeier und Martin Wolf hatten das Erstlingswerk des Pfaffenhofener Heimatschrift-stellers dramaturgisch für die Bühne überarbeitet. Sie führten auch Regie bei der Uraufführung ihrer Bühnenfassung.
„Ein Glücksfall von Amateurtheater“ war für Friedrich Kraft die Premiere (PA vom 11.10.1979). „Wenn Profis an den subventionierten öffentlichen Schauspielhäusern öfter gelänge, was jetzt der Theaterspielkreis Pfaffenhofen vorexerziert, es gäbe wohl nirgendwo Zuschauerschwund“ beginnt er seine Rezension. Außerdem bestätigt er der Amateurgruppe dass sie „keineswegs jenen rein publikumsbuhlerischen volkstümelnden Klamottenstil, der zumal in oberbayerischen Gefilden unter Laienspielern als sicheres Erfolgsrezept gilt,“ pflegt.
Vielmehr sei „kritisches Volkstheater im besten Sinn gelungen“.
Kraft erlebt Momente von solcher Intensität, „wie sie sonst nur ein Berufstheater erzielen kann.“
Und dann präzisiert er: „Stadttheater wird hier nicht imitiert, sondern ausgereiftes, handwerklich kundiges Laientheater schöpft seine genau erkannten Möglichkeiten optimal aus.“
Diese Aufführung von 1979 soll den Verantwortlichen der Freilichtinszenierung von 2013 Ansporn sein, etwas Vergleichbares „unter freiem Himmel“ zu präsentieren.
hm
Der Roman (1929)
„Versl schreibt er und Romane, sagen’s, und Theaterg’spieler. Solchene unnütze Tagediebe ham mir g’rad no’braucht dahier. Dö ganz’ Woch im Feiertagsg’wand umananda laffa! So oana woaß do wirkli’net, warum er auf der Welt is“. „So oana stiehlt do’unserm Herrgott an Tag ab“.
So reden Kleindlfinger Honoratioren – viele sehen in Kleindlfing Pfaffenhofen an der Ilm – in Joseph Maria Lutz’ Roman „Der Zwischenfall“ über den Dichter Bruno Wilmann. Er sucht nach literarischer Inspiration – und die glaubt er in Kleindlfings bürgerlich-behäbiger, auch ein wenig spießig-verlogener Welt zu finden. So hat er sich – vorübergehend – hier eine Wohnung genommen.
Da kommt er aber den Kleindlfingern gerade recht! Einer wie Wilmann, so glauben sie, hat hier nichts zu suchen. Der soll doch erst einmal etwas arbeiten oder am Sonntag wenigstens in die Kirche gehen. Der verwitwete Metzgermeister Huber, hoch angesehenes Mitglied des städtischen Magistrats, wird zum Wortführer der eifernden Allianz gegen den Dichter.
Zum Unmut der Kleindlfinger pflegt dieser offenbar auch ein „g’schlampertes Verhältnis“ und lässt eine Dame zu „unerlaubtem Verkehr“ in die Wohnung. Die ehrenwerten Bürger zeigen deswegen Wilmann beim Herrn Bezirksamtmann Dr. Arnold Mintscherlich an. Dieser ist ehrgeizig, karrieresüchtig und humorlos, so, wie man sich gewöhnlich einen Beamten um 1920 vorstellt. Mintscherlich lädt den Dichter vor. In einem spannenden Dialog offenbart sich all die Abneigung, die regierungstreue Funktionäre damals Literaten zuteil werden ließen. (Prompt protestierte Pfaffenhofens Bezirksamtmann bei der Regierung von Oberbayern gegen das , empfiehlt gar, gegen den „Schriftsteller Lutz“ vorzugehen, sei doch seine Darstellung des Beamtentums von „giftigster Gehässigkeit“).
Wilmanns Damenbesuch, an dem die Männer, die sonst nur zu gerne prallen Formen hinterher blicken, so Anstoß nehmen, erweist sich als Schwester des Dichters. Und die ist noch dazu die Frau eines berühmten Arztes und Universitätsprofessors. Nicht genug damit: Wilmanns Stiefvater ist Mini-sterialrat im Innenministerium, also Vorgesetzter Mintscherlichs. Dieser stürzt in arge Verlegenheit, bangt um seine weitere Karriere. Plötzlich entdeckt er seine Sympathien für Künstler und Literaten… Aber auch Metzgermeister Huber gerät in tiefe Nöte. Seine hübsche, sensible Tochter Maria – sie entstammt der früheren Liaison Hubers mit einer Münchner Schauspielerin – verliebt sich: ausgerech-net in Bruno Wilmann. Huber ist darüber auf Höchste erzürnt.
Als Wilmann ein bedeutender Literaturpreis zuerkannt wird, gerät Kleindlfings Welt vollends ins Wanken. Alle versuchen, noch „die Kurve zu kriegen“. „Der Herr ist eben falsch beurteilt worden. Ich hab mir’s gleich gedacht!“ meint der Herr Pfarrer. Und was sagt der Herr Huber? „Iatzt, i’ hob allaweil scho g’sagt, so a Dichter, sag i, is’ halt was B’sonders – dös is’ die Kunst, vostanden“. Man beschließt, den Dichter ordentlich zu feiern. Daraus wird aber nichts: es ereignet sich der titelgebende Zwischenfall. Gefeiert wird trotzdem: Hubers Verlobung mit dem vollbusigen „Kramer Vikerl“….
Unverständlich bleibt, dass Lutz sein wohl bestes Werk – selbst Thomas Mann hat es gelobt – später als „Jugendsünde“ abtat.
Reinhard Haiplik
Joseph Maria Lutz
Als Dichter war Joseph Maria Lutz immer stolz auf seine Verwurzelung im altbayerischen Land und Volk. In seinem Lebenslauf gewährt er einen Einblick in seine frühen Berufsjahre:
„Ich wurde am 5. Mai 1893 in Pfaffenhofen a.d. Ilm geboren. Meine Jugend verlief schön und harmonisch, im Frieden einer behäbigen altbayerischen Kleinstadt eingesponnen. Nach Besuch der Volks- und Mittelschule studierte ich von 1911 bis 1914 an der Technischen Hochschule in München. Der Kriegsausbruch 1914 rief mich an die Front. (….) Nach sehr entbehrungsreichen zehn Jahren gelang es mir endlich, mich als Schriftsteller durchzusetzen. Als solcher konnte ich als Lyriker, Epiker, Dramatiker, Hörspieldichter und Verfasser von humoristischen Kurzgeschichten große Erfolge erzielen…“
Über seinen ersten Roman, „Der Zwischenfall“, der 1929 erschien, schrieb Thomas Mann, der geistige Mentor aller Schriftsteller seiner Münchner Zeit: „Scharf und lustig, künstlerisch und echt. Ludwig Thoma in seinen besten Tagen hätte es nicht besser gemacht.“
Lutz verfasste in der Folge heitere Geschichten, Dramen („Der fremde Kaiser“), Komödien („Der Geisterbräu“), Gedichte oder Singspiele („Birnbaum und Hollerstauden“).